Lyrikreihe Nadelstiche
Mit dem Schreiben und Verlegen von Gedichten kann man kaum Geld verdienen. Die gesammelten Gedichte Berthold Viertels, die ich 1993 herausgab, wurden zum schlimmsten Ladenhüter der Buchreihe „Antifaschistische Literatur und Exilliteratur – Studien und Texte“, während viele andere Bände der Reihe längst vergriffen sind. Viel Arbeit für eine Niederlage. Der berühmte chinesische Poet Bei Dao erklärte kürzlich in einem Interview, er habe sich auf das Schreiben von Prosatexten verlegen müssen, um sich und seine Familie durchzubringen.
Die wirtschaftliche Marginalisierung ihrer Produkte bewahrt PoetInnen allerdings nicht davor, für ihr Engagement den höchsten Preis zu zahlen, mit dem Leben. Daran sei erinnert, weil sich 2013 die Hinrichtung des nigerianischen Dichters Ken Saro-Wiwa zum 17. Mal jährt. Er hatte sich gegen die Umweltzerstörung im Niger-Delta durch internationale Ölkonzerne – hier vor allem Shell – aufgelehnt, und ein willfähriges Militärregime machte ihm den Prozeß. Seinerzeit kostete auch der nunmehr selig gesprochenen Ordensschwester Helene Kafka ein Spottgedicht auf die Nazis und gegen den Krieg den Kopf. Die Lyrik ist vermutlich die wichtigste literarische Gattung für Verfolgte, Flüchtende, Exilierte, Widerstehende.
Die Lyrikreihe „Nadelstiche“ im Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft, welche im Frühjahr 2013 gestartet hat, will diese Marginalisierung der Poesie im Literaturbetrieb aufheben, gerade auch, indem Bände erscheinen sollen, die Poesie und Widerstand verbinden. 2013 sollen die ersten drei Bände von Siglinde Bolbecher, Trude Krakauer und Tamar Radzyner erscheinen, ihnen werden ua. jene von Herbert Kuhner, Anna Krommer, Willy Verkauf-Verlon, Adolf Unger folgen. Es sollen pro Jahr drei bis vier Bände erscheinen, und auch zeitgenössische LyrikerInnen sollen im Laufe der Zeit zu Papier kommen. Für die Herausgabe werden Lydia Mischkulnig, Herbert Staud, Konstantin Kaiser und Alexander Emanuely verantwortlich sein. Die Bände sollen nicht nur einem breiteren Publikum das lyrische Œuvre der AutorInnen bekannt machen, sondern auch mit dementsprechenden biographischen Informationen ausgestattet sein. Neben einer sorgfältigen Gestaltung der Bände werden sich die HerausgeberInnen auch bemühen, dass es österreichweit und darüber hinaus zu regelmäßigen Lesungen der Gedichte kommen wird.
Seit 2015 gibt es eine Kooperation mit dem PROverbis-Verlag.